Der Kongress tanzt

Nichts da mit der Rolle des stillen Beobachters! Unsere chinesischen Freunde haben anderes im Sinn. Sie stellen uns der begeisterten Menge als Ehrengäste vor. Und laden uns ein, auf der Bühne mitzutanzen. Alle Augen sind auf uns gerichtet. Was tun?

 

Der Kollege Fotograf hat es mal wieder leicht. Er kann sich hinter seiner Kamera verstecken, und braucht nicht mitzumachen, weil er ja Bilder schießen will.

 

Aber den Reporter hat es erwischt. Jetzt steht er vor 300 begeisterten Chinesen. Sie jubeln, klatschen, singen. Und der Gast aus Deutschland soll dabei kräftig mittanzen.

 

Wenn Besucher aus dem Ausland da sind,

wird aus einer normalen Versammlung gleich ein Großereignis

 

Zu spät haben wir bemerkt, dass unsere Begegnung hier ein Geschäft auf Gegenseitigkeit wird. Nach dem Motto: Ihr bekommt von uns Bilder und Gesprächspartner. Aber im Gegenzug erwarten wir auch von euch etwas. Nämlich eure Anwesenheit bei unserer wunderbaren Veranstaltung.

 

Denn wer zwei Gäste präsentieren kann, die extra den weiten Weg aus Europa bis hierher zurückgelegt haben, der wertet seinen „Kongress“ extrem auf.

 

 

Konsequent wie der Chinese nun mal ist, nutzt er das in vollen Zügen aus – und lässt die Gäste unter Beifallsstürmen in den Saal einziehen, begleitet von triumphaler Marschmusik und winkenden, Fähnchen schwenkenden Menschen.

 

Dagegen ist eine kommunistische Parteiversammlung der reinste Kindergeburtstag.

 

Wie es sich gehört, werde ich „auch

das Thema Menschenrechte ansprechen“

 

Und schon hat man ein Mikrofon in der Hand, und soll ein paar Worte in die Menge stammeln. Nach bester Politiker-Tradition würde man gerne „auch das Thema Menschenrechte ansprechen“ – wir sind ja hier nicht irgendwo.

 

Aber natürlich reicht es nur zu ein paar höflichen Floskeln – ja, dieses chinesische Wirtschaftswunder, es ist schon beeindruckend, und wie schön wäre es doch, wenn alle Bevölkerungsschichten davon profitieren würden.

 

Ähnlich ungelenk absolviert der Herr Reporter seine Tanzeinlage – zum Glück kann er sich ein klein wenig in der Menge verdrücken. Trotzdem wird er das Gefühl nicht los, dass alle Augen, und vor allem: alle Handy-Kameras nur auf ihn gerichtet sind.

 

„Einfach mitmachen“, flüstert der chinesische Freund von rechts. „Ob richtig oder falsch, das zählt hier nicht.“ 

 

 

 

 

 

 

Die Reportage "Tanzen erlaubt" ist HIER erschienen

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Kommentare: 2
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    Linda Wollman (Freitag, 03 Februar 2017)


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